Aftenposten Zeitung

Beitrag vom Montag, 06. August 2018

Norwegische Zeitungen

Norwegen ist wohl das Land auf der Welt mit der größten Zeitungsdichte. Bei rund 5,2 Mio. Einwohnern leistet man sich rund 120 Publikationen.
Die größten Zeitungen Norwegens sind die Boulevardblätter VG und Dagbladet sowie die Hauptstadtzeitung Aftenposten. Einige Blätter stehen auch einer Partei nahe, wie z.B. die Dagsavisen, die mit der Arbeiterpartei sympathisiert, andere sind parteipolitisch unabhängig und gehören auch zu keinem großen Medienkonzern. Größere Regionalzeitungen sind z.B. die Bergens Tidende, das Stavanger Aftenblad oder die Adresseavisen aus Trondheim. Größere Lokalzeitungen sind u.a. die GD aus Lillehammer und Nordlys aus Tromsø. Die meisten Lokalblätter, 90 an der Zahl, sind jedoch so winzig, dass sie sich im Landesverband für Lokalzeitungen zusammen geschlossen haben und trotzdem nur eine Gesamtauflage von 175.000 haben. Da diese Publikationen oft nur eine Region mit 10 oder 20.000 Einwohnern abdecken, gibt es nicht viel zu vermelden. Klatsch und Tratsch dominiert (zumindest im Internet) und es gibt so manche kuriose Meldung. Nachfolgend ein paar Beispiele.

-Illsinter tiur gikk til angrep – Bitterböser Auerhahn ging zum Angriff über (Nordlys, 14.5.07)
-Stal drikkevarer frå hytte – Getränke aus Hütte gestohlen (Sgnavis, 24.5.07)
-Savnede lamaer funnet – Vermisste Lamas gefunden (GD, 21.7.07)
-Nå kommer sneglene for fullt – Jetzt kommen die Schnecken (Im Text dann Mörderschnecken gennant) (Aftenposten, 21.7.08)
-Farlig å holde inne prompen – Gefährlich einen Furz zurück zu halten (nrk, staatlicher Rundfunk, 5.1.10)

Zuweilen sind einige Nachrichten nicht nur skurril, sondern durch Druckfehler unfreiwillig komisch, wie folgende Beispiele aus dem in Norwegen erschienenen Buch „Vi har pissa i frysern“ (Wir haben in den Gefrierschrank gepinkelt) zeigen:

– Angrepet skjedde da kvinnen gikk kveldstur i en landsby ved Rochefort. Hundene ble straks avhørt.
– Der Angriff geschah, als eine Frau einen Abendspaziergang in einem Dorf nahe Rochefort unternahm. Die Hunde wurden sofort verhört.
(aus: Nordlys)

– Norsk Kylling politianmeldt
– Norwegisches Hühnchen bei Polizei angezeigt
(aus: Adresseavisen)

– Mann med grønn hatt og alkohol på toalettet
– Mann mit grünem Hut und Alkohol auf der Toilette
(aus: GD)

– Selkritisk politi innrømmer ikke feil.
– Selbstkritische Polizei räumt keine Fehler ein.
(aus: Bergens Tidende)

– Innbrudd i Skogen i Nes
– Einbruch im Wald in Nes
(aus: Akershus Arbeiderblad)

– Notoddmann gikk løs på politifolk med armer og bein
– Mann aus Notodden ging auf die Polizei mit Armen und Beinen los
(aus Telen)

– Gravmonumenter – Unngå prisøkningen bestill Deres monument senest 15 februar
– Grabsteine – Umgehen Sie die Preiserhöhung Bestellen Sie Ihren Grabstein bis spätestens 15. Februar
(aus: Adresseavisen)

– Presten med pistol traff gamle venner
– Pfarrer mit Pistole traf alte Freunde
(aus: Østlandets Blad)

– Vi søker spesielt etter sykepleierstudenter og andre med noe helsefarlig bakgrunn.
– Wir suchen speziell nach Krankenschwesterstudenten oder anderen mit gesundheitsgefährdender Ausbildung.
(aus: Hamar Arbeiderblad)

– Fødsler i Finnmark tar opptil sju uker
– Geburten in der Finnmark brauchen bis zu 7 Wochen
(aus: Nordlys)

Lokalzeitungen sind noch immer von einer nicht gerade sehr tiefgründigen Themenauswahl geprägt, was sicherlich auch an der eher begrenzten Anzahl an wirklich bedeutenden regionalen Begebenheiten liegt.
Die Printausgaben der großen Tageszeitungen, wie der Aftenposten, der Bergens Tidende und der Dagsavisen, sind hingegen in den letzten Jahren deutlich seriöser und tiefgründiger geworden, wohingegen die Klatschpresse (VG, Dagbladet) von vielen zunehmend gemieden wird.
Im Gegensatz zu den gedruckten Zeitungen stehen die eher klatschlastigen Onlineangebote der Zeitungen. Hier fällt vor allem die teils brutale und plumpe Wortwahl auf, was im Land des Friedensnobelpreises doch sehr überrascht. Da ist beim Streit zweier Anwohner vom „vollen Krieg“ die Rede und sollten die Aussagen eines anderen nicht korrekt sein, so wird dieser „geschlachtet“.
Es scheint zudem so, als ob die meisten Online-Zeitungen ohne Kriminalitäts-News nicht überleben können. Allerdings, so fremd dem deutschen Leser diese ausführlichen Darstellungen von Gewalt auch erscheinen mögen, sie sind oftmals ein ernst zunehmender Ausdruck dessen, dass dem Norweger kriminelle Handlungen nicht egal, unbedingt aufzuzeigen und so mögliche Lösungen zu finden sind. Ein Beispiel: Oslo wurde 2011 von einer Überfall-Vergewaltigungsserie heim gesucht. Als Folge der breiten medialen Präsenz des Problems, kam es zu einem Umdenken in der Sicherheitspolitik der Stadt und zu einem breiten Engagement der Bürger der Stadt.
Im Vergleich zu den norwegischen Medien, neigen jene des Nachbarlandes Schweden eher dazu, Kriminalität klein zu reden oder gar nicht erst zu thematisieren. Und dass, obwohl die Kriminalitätsrate etwa 3x so hoch ist wie in Norwegen.

Generell gilt für die norwegische Presse: Sie zählt seit Jahren laut Umfragen unter Journalisten zu den unabhängigsten und freisten der Welt! (Ranking)
Es darf frei über alles geschrieben werden und Meinungen aller politischer Kontrahenten werden in den Blättern zugelassen, egal ob diese eher links oder rechts anzusiedeln sind.

Tipps zu guten und/oder kuriosen Zeitungen

Aftenposten (Die Abendpost)
Traditionsreiches Blatt aus Oslo. Stand in Kriegszeiten auf Seiten der Nazis und war später antisowjetisch.
Heute ist es eine landesweit erscheinende, konservative Zeitung mit dem Schwerpunkt Ostnorwegen. Die ersten Seiten sind norwegischen Themen gewidmet. Danach folgen 3-4 recht gute, teils auch längere Artikel über Begebenheiten im Ausland. Zuweilen gibt es interessante Beilagen. Insgesamt ist die Papierausgabe recht lesenswert, die Onlinepräsentation ist deutlich skandallastiger,.
Auffällig ist, dass, wie bei vielen anderen Zeitungen des Landes auch, der Druck oft eine miserable Qualität hat. Viele Bilder sind verschwommen und da diese sehr großformatig abgedruckt werden, beinträchtigt dies stark die Freude am Lesen.

Aftenposten Innsikt
Neues Monatsmagazin der Aftenposten mit gesammelten Artikeln international rennomierter Zeitungen. Dementsprechend werden zumeist außernorwegische Fragestellungen thematisiert – durchaus eine Besonderheit in Norwegen.

Aftenposten

Dagsavisen: (Die Tageszeitung)
Traditionsreiche Zeitung die einst als das Parteiblatt der Arbeiterpartei galt, dieser heute noch recht nahe steht, sich aber ansonsten recht frei im linken Spektrum bewegt.
Dagsavisen bietet seriöse, interessante Artikel über in- und ausländische Themen. Insgesamt eine gelungene Zeitung, die leider viel zu wenig gelesen wird.

Dagsavisen

Morgenbladet: (Das Morgenblatt)
Einmal pro Woche erscheinende Kulturzeitung, vergleichbar mit der deutschen Zeit.
Die interssanten Artikel umfassen kulturelle, politische und soziale Themen. Auch spannende Themen aus dem Ausland finden ihren Platz.
Eine sehr empfehlenswerte Zeitung mit überraschend guter Druckqualität.

Morgenbladet

Dag og Tid: (Tag und Zeit)
Wochenzeitung, die ausschließlich auf Nynorsk erscheint.
Die Artikel sind oft gesellschaftskritisch und gerne etwas eigenwillig. Auch wird immer wieder die Stellung des Nynorsk thematisiert. Zudem publiziert man einige Texte der französichen Zeitung Le Monde.
Insgesamt eine lesenswerte Zeitung mit etwas schwierigem Sprachstil.

Dag og Tid

Klassekampen: (Der Klassenkampf)
Wie der Name schon vermuten lässt, verbirgt sich hinter dem Namen ein doch recht kommunistisches Blatt. Was man jedoch eher nicht erwartet ist, dass die Texte zwar einseitig linksintellektuell, aber doch recht interessant zu lesen sind.
Haupthemen sind u.a. soziale Ungleichheiten, ökonomische Ausbeutung und Umweltzerstörung sowie der politische Kampf gegen diese Verhältnisse.

Klassekampen

Le Monde Diplomatique:
Monatlich erscheinende, linksorientierte Zeitung mit gut recherchierten Artikeln zu Politik, Wirtschaft und Kultur. Die Beiträge stammen aus den Zeitungen Le Monde, The Observer, The Guardian und Die Zeit. Den norwegischen Lesern soll so der Blick ausländischer Journalisten auf internationale Themen ermöglicht werden. Die Artikel sind auf norwegisch und z.T. dänisch verfasst.

Le Monde Diplomatique

Ny Tid: (Neue Zeit)
Dieses wöchentlich herauskommende Nachrichtenmagazin wurde 2006 gegründet und ging aus einer gleichnamigen trondheimer Zeitung hervor, die der Sozialistischen Linkspartei nahe stand. Vorbild für Ny Tid war das Magazin Newsweek. Das Konzept schien aufzugehen. Im ersten Jahr stieg die Auflage um 114 % und man beeindruckte mit sehr martialischen Artikeln, die sehr an das DDR-Blatt Neues Deutschland der 1980er erinnerten. Allerdings schlug sich der Erfolg nicht ökonimisch nieder und so mussten neue Investoren gesucht wreden. Seit Januar 2008 gehört die Zeitschrift kurioserweise zum konservativ-christichen Medienhaus Vårt Land. Die Artikel sind entsprechend der beiden verantwortlichen Redaktuere bislang sowohl linksintellektuell, als auch konservativ geprägt.

Ny Tid

Vårt Land: (Unser Land)
Christich-konservative Tageszeitung aus Oslo, die „eine unabhängige Zeitung für Menschen sein soll, die über die wichtigsten Themen informiert werden wollen, und um die Rolle des Glaubens im Bezug auf diese Themen. Die Zeitung soll der Chisten Glauben und Gedanken verwalten und dazu beitragen, dass diese die Gesellschaft und der Menschen Leben und Entscheidungen prägen.“

Vårt Land

Nationen: (Die Nation)
Die Bauernzeitung des Landes. Thematisiert werden landwirtschaftliche Themen, wie auch Lokalpolitik, Milchquote und Erdbeerzucht.
Die Zeitung steht der bäuerlichen Zentrumspartei nahe und ist damit vergleichsweise EU-feindlich eingestellt.

Nationen

Bergens Tidende: (Die Bergenser Zeit)
Größte außerhalb der Hauptstadt publizierte Zeitung des Landes und das zentrale Organ für Westnorwegen. Politisch ist man unabhängig, wenngleich man sich lange im Dienste der liberalen Venstre-Partei sah.
Die Qualität der Zeitung hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Die Berichte sind meist lesenswert und tiefgründig. Auch finden 4-5 Auslandsartikel ihren Weg in diese Publikation.

Bergens Tidende

Adresseavisen: (Adressenzeitung)
Die in Trondheim erscheinende Adresseavisen wurde am 3. Juli 1767 unter dem Namen „Trondhiems Adresse-Contoirs Efterretninger“ in`s Leben gerufen und ist somit die älteste Zeitung des Landes.
Die Größe der Zeitung ähnelt der der Bergens Tidende, inhaltlich fand jedoch in letzter Zeit keine Verbesserung statt. Lokalnachrichten und Skandale dominieren.

Adresseavisen

Dagens Næringsliv (Heutiges Wirtschaftsleben)
Das Blatt wurde 1889 ursprünglich als Zeitung für die Schiffsbranche gegründet. Seit 1987 firmiert sie unter dem heutigen Namen und widmet sich hauptsächlich ökonomischen Themen. Ihr politisches Profil ist eindeutig liberal und wirtschaftsfreundlich. Gedruckt wird sie auf rosa Papier und ihre Artikel sind eine Mischung aus seriöser und leichterer Berichterstattung. Speziell die Samstagsausgabe widmet sich auch kulturellen Themen.

Dagens Næringsliv

Dagbladet: (Das Tagesblatt)
Dagbladet ist mit einer Auflage von rund 145.000 das kleinere der beiden Boulevardblätter des Landes und nach VG und Aftenposten die drittgrößte Zeitung des Landes.
Wurde das Dagblad 1869 als radikale linke Kulturzeitung gegründet, so hat sich ihr Erscheinungsbild grundlegend geändert. Über Jahrzehnte hinweg drängte man den Kulturteil immer mehr an den Rand und ersetzte diesen durch Sensationsjournalismus. Die Mischung aus guten Beiträgen und Klatsch und Trasch kam jedoch bei den Lesern nicht gut an. Und da man die VG als Hauptkonkurrenten sieht, setzt man nun nahezu ausnahmslos auf die Themen Sex, Skandale und Kriminalität. Übermittelt werden diese durch riesige Überschriften in schwarz-roter Farbe und möglichst großflächigen Bildern.

VG – Verdens Gang (Der Lauf der Welt)
Bei wohl keiner anderen Zeitung Norwegens ist der Name so wenig Programm wie bei VG, erfährt man doch allenfalls etwas über den Lauf der Dinge in Norwegen. Dabei beschränkt man sich jedoch nahezu ausschließlich auf die Themen Sex, Skandale und Kriminalität. Jeder Unfall, jede Gewalttat scheint hier ein gefundenes journalistisches Fressen zu sein. Seriosität sucht man meist vergebens. Das erstaunliche jedoch ist, dass es mit etwas mehr als 300.000 täglich verkauften Exemplaren die auflagenstärkste Zeitung des Landes ist, was wohl z.T. am ganz guten Sportteil und der hohen Medienpräsenz liegt. Die VG ist der Hautsponsor des norwegischen Wintersports. Allerdings verliert die Zeitung seit einigen Jahren Leser. Die Zeitung Klassenkampf, die wiederum neue Kunden gewinnen konnte, wirbt seitdem damit, bei gleichbleibenden Trend die VG in 15 Jahren überholt zu haben. :-)

NRK (Norsk Ringkringkastning)
Zwar ist der staatliche Rundfunk ein Sender und keine Zeitung, soll aber auf Grund seines Onlineangebotes an dieser Stelle auch erwähnt werden.
Leider dominieren auf nrk.no peinliche Boulevardnachrichten der untersten Schublade. Es werden Überschriften mit Textgröße 36 gewählt und es sind Schlagzeilen zu lesen wie: “ – Mussten Arm amputieren um Leben zu retten.“ Leider kann der Staatskanal durch diese Art der Meinungsmache nicht ernst genommen werden.

nrk

Nye Meninger
Online Zeitung, herausgegeben von der Dagsavisen.
Sehr seriöse, lesenswerte Artikel über aktuelle Ereignisse im In- und Ausland. Eine Bereicherung der Medienlandschaft.

-Nye Meninger

Nächster Artikel

Vorheriger Artikel

04. August 2018

Lesetipps

Unsere Empfehlungen