Bergensbahn ausgeraubt

Beitrag vom Samstag, 16. April 2022

Osterkrimi – Raub in der Bergensbahn

„Bergensbahn letzte Nacht ausgeraubt“ („Bergenstoget plyndret i natt“) . So war es am 24. März 1923, dem Tag vor Palmsonntag, in der norwegischen Zeitung Aftenposten zu lesen. Die Redaktion wurden daraufhin von Telefonanrufen besorgter Bürger lahmgelegt. Leider hatten diese nämlich einen winzigen Hinweis überlesen, der darauf hindeutete, dass es sich um eine Anzeige für den neusten Kriminalroman von Jonatan Jerv, ein Pseudonym für das Autorenduo Nordahl Grieg og Nils Lie, handelte.
Im Roman war nun zu lesen, dass der Raub im Zug genau am 1. April stattfindet, was nicht verwundert, hatte doch die Art der Vermarktung auch etwas von einem verfrühten Aprilscherz. Die Nachricht selbst ist somit eines der frühesten Beispiele für einen Hoax, also einen als Schwindel oder Falschmeldung getarnten Jux, der in Büchern, Zeitschriften oder Zeitungen erscheint.

Das Erscheinungsdatum des Buches fiel genau in die beginnende Osterzeit, in der zudem viele Norweger vorhatten mit der Bergensbahn in den Skiurlaub zu reisen. Der Roman gilt daher als Ausgangspunkt für die typisch norwegische Tradition des Osterkrimis (påskekrim).

Das Buch wurde einige Jahre später verfilmt und kam 1928 in die norwegischen Kinos. 100.000 Norweger sahen den Streifen, der seinerzeit als Meilenstein und Meisterwerk galt. In den Hauptrollen waren die norwegischen Filmstars Fridtjof Mjøen und Ada Egede-Nissen zu sehen. Verkauft wurde der Film in nicht weniger als 11 Länder.

Inhaltlich wird in der Verfilmung weniger Wert auf die kriminalistische Handlung, denn auf die Romantik gelegt. Insofern ist der Inhalt schnell erzählt: Der sportliche Student Tom täuscht am 1. April einen bewaffneten Raubüberfall auf den Zug von Oslo nach Bergen vor, um die Gunst der schönen Maid Grete zu erlangen und sich einen Posten als Reklamechef bei der Staatsbahn (NSB) zu sichern.

Der Stummfilm ist mit dramatischer-romantischer Musik unterlegt, also Lautsprecher an.
Die schriftlichen Dialoge lauten übersetzt (ungefähr und verkürzt) wie folgt (Angabe der Stelle, an der sie erscheinen, in Minuten):
0:18 – Die wohlsituierte Dame Grete ist die Ursache für die Rivalität zwischen Heiberg und Lund.
0:35 – Am gleichen Abend waren der Direktor und seine Tochter auf einem Ball.
1:23 – „Sei nicht kindisch. Erst kommst du zu spät und dann denkst du, du besitzt mich.“
1:47 – „Geld oder Leben.“
3:49 – „Banditen! Wir wurden ausgeraubt.“
4:32 – „Sie? Hier?“
4:39 – „Nimm mich mit. Ich kann mit Sicherheit den Mann wiedererkennen, der mich ausraubte.“
7:48 – Drei Männer begleiten Fräulein Elstad zum Bahnhof.
8:26 – „Der Sturm rettet uns. Die werden unsere Spur nicht im Gebirge verfolgen können.“

Im Grunde ist auch nicht die, etwas chaotische, Handlung beeindruckend sondern die tollen Bilder. Das Publikum sah dies damals angeblich ähnlich.

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