Nusfjord Lofoten Rorbu Holzhaus

Beitrag vom Freitag, 13. Oktober 2017

Tag der vielen Abstecher – Reisebericht VII

Für die Rückfahrt von Reine nach Svolvær hatte ich so manchen Abstecher eingeplant. Ein kurzes Stück ging es zunächst recht flott voran, denn das Wetter war trüb und die Sonne noch damit beschäftigt die Wolken zu verscheuchen. Kurz hinter Mølnarodden, an jener Stelle an der Mjølnar, also Thors magische Waffe, wohl noch immer Wirkung zeigt und stets auf einigen Kilometern den DAB-Empfang im Auto unterbricht, folgte ich dann einer schmalen Piste nach Süden; zum Schmied in Sund.
Die Lage des Ortes inmitten gewaltiger Berglandschaft überzeugt, der bauliche Zustand vieler Häuser eher weniger. Die Zeit nagt an so mancher Fassade, den Fortschritt hingegen trug sie geschwind in andere Regionen. Die kleine Werft wirkte wie ein Gruß aus längst verflossenen Tagen. Chaos war hier zum Lebensprinzip erhoben. Das einzige was nicht drunter und drüber in der Gegend verstreut war, waren die zwei Boote, die aufgebockt auf bessere Zeiten warteten. Es roch nach Kohle. Für den Qualm zeigte sich der Schmied höchstpersönlich verantwortlich, der eine Schubkarre des „schwarzen Goldes“ nach der anderen in Richtung Ofen transportierte. Nach einer Weile hatte ich mich an die ungewöhnliche Atmosphäre gewöhnt und auf diese eingelassen. Am Ende stand dann fest, irgendwie hat das ganze was und Fotografen finden hier immerhin viele außergewöhnliche Motive.

Aber der Kontrast zu drei folgenden Zielen war trotzdem enorm. Nesland hat weder eine Werft, noch sonstige Wirtschaftszweige, und hinterließ daher mit seinen bunten, gepflegten Häusern einen sehr beschaulichen Eindruck. Die rote, von einem Zwiebelturm gekrönte Kirche von Flakstad ist ebenfalls ein Hingucker und das ehemalige Fischerdorf Nusfjord ist an Idylle ohnehin kaum zu überbieten. Dass ich mich dort besonders wohl fühlte lag neben den vielen Postkartenmotiven natürlich auch am Wetter. Die Sonne hatte unterdessen ganze Arbeit geleistet und brannte vom Himmel. 17 Grad im September, goldenes Licht und leuchtend rote Vogelbeeren, also da kann man schon ins Schwärmen kommen.

Nur ein kurzes Stück folgte ich der E 10, bevor es nach Norden ging, nach Vikten. Der Ort ist für zwei Dinge bekannt. Zum einen für seinen Sandstrand, zum anderen für die Glasbläserei. Besonders an kühlen, windigen Tagen, die hier an der Außenseite der Lofoten nicht gerade selten sind, kann man in den vom Brennofen ordentlich aufgeheizten Räumen sehr schön verweilen, und dabei die kunstvoll mundgeblasenen Objekte betrachten (und natürlich auch erwerben).

Da es schon früher Nachmittag war, und mein Ziel scheinbar nicht wirklich näher rückte, ging es rasch weiter nach Ballstad. Der Ort lebt vom Schiffsbau, und das scheinbar nicht schlecht, denn überall wurde gebaut. Hier also hatte es die moderne Zeit bei ihrer Flucht aus Sund hingezogen.
Mich selbst zog es allerdings weiter. Ballstad hat zwar Charakter, wirkte auf mich aber wenig idyllisch und allgemein zu städtisch. Außerdem verschwindet der Ort schnell im Schatten hoher Berge. Auf der Rückfahrt nach Gravdal, einem Städtchen, das völlig ohne Zentrum auskommt, verschlug es mir dann jedoch kurz die Sprache. Die hoch emporragende Drachenkirche von Buksnes wurde, umgeben von dunklen, apokalyptischen Wolken, von einem Sonnenstrahl getroffen, just in dem Moment, als ich auch eine Parknische fand. Manchmal muss man auch Glück haben.

Für großartige Panoramen ist ebenfalls gesorgt, wenn man ab Leknes über einen kleinen Pass nach Sennesvik fährt und danach der Uferstraße nach Stamsund folgt.
Stamsund trägt, genau wie Ballstad, städtischen Charakter, macht aber optisch, sportlich und kulturell noch mehr daraus. Es gibt eine schmucke Rorbuanlage, ein erstklassiges Restaurant, zwei Theater, ein Theaterfestival, einen Skilift und täglichen Besuch von den Schiffen der Hurtigruten. Zwar wird man wohl noch beschaulichere Orte auf den Lofoten finden, aber in Stamsund kann man es insgesamt schon aushalten.

Der Abend kam mit langen Schatten und ich musste mich nun sputen. Ich folgte der Rv 815 entlang der Südostküste Vestvågøys. Um mich herum einsame, wundervolle Berglandschaft, unterbrochen von weiten Mooren. Die Moderatoren im Radio passten sich zunehmend meiner Umgebung an und hoben immer mehr die Stimmen. Der Wahltag näherte sich dem Ende und in zwei Stunden schlossen die Wahllokale. Die Spannung stieg ins Unermessliche. Auch bei mir, denn ich hatte mir für den Abend eine tolle Unterkunft herausgesucht, Svinøya Rorbuer, war zu einem köstlichen Essen in der Børsen Spiseri in Svolvær eingeladen und hatte die Hoffnung auf noch etwas Nordlicht. Als der Kellner mich dann fragte, ob ich dies heute Nacht zu jagen gedenke, antwortete ich mit ja, gleichwohl die Prognosen immer schlechter wurden. In jeder Hinsicht. Meine Kamera war runter gefallen, was den Polfilter unbrauchbar machte. Mein Stativ streckte mitten im Dunkel der Nacht alle drei Standbeine weit von sich und verweigerte den Dienst und Lady Aurora sandte nur einen kurzen Gruß. Einen sehr kurzen! Glück ist halt ein eitler Geselle. Man sollte ihn nicht zu oft am Tag konsultieren wollen.

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